28/02/18
Vom Torjäger zum Maître der Herzen
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Was haben Fußball und makelloser Service gemeinsam? Beides sind wichtige Meilensteine im Leben von Fabrice Kieffer. S.Pellegrino traf den ersten Preisträger des Michelin Service Awards zum Interview. Fabrice Kieffer über seine Zeiten als angehender Profisportler, seine Liebe zur Gastronomie und darüber, was es bedeutet, ein echter Maître zu sein.
S.Pellegrino: Herzlichen Glückwunsch, Herr Kieffer. So einen Preis bekommt man nicht alle Tage. Wie haben Sie sich in dem Moment gefühlt, als Ihr Name fiel?
Fabrice Kieffer: Da waren viele Emotionen im Spiel, aber vor allem habe ich mich sehr geehrt gefühlt. Dieser Preis ist für mich wirklich etwas ganz Besonderes, da er in dieser Art zum ersten Mal vergeben wurde.
Die Gastronomie braucht Nachwuchs
S.Pellegrino: Stimmt, zu ersten Mal wurde dieses Jahr auch der Service mit einem Michelin Preis ausgezeichnet. Finden Sie, es war an der Zeit?
Fabrice Kieffer: Auf jeden Fall. Ich finde es genau richtig, dass die besondere Dienstleistung als Gastgeber, Botschafter und als Auge des Restaurants mit diesem Preis gewürdigt wird. Eine solche Auszeichnung ist bestimmt auch ein großer Ansporn für den Nachwuchs. Und genau das ist für mich mit der größte Gewinn. Denn so können wir Jugendliche für den Beruf begeistern. Ohne Nachwuchs hätten wir in ein paar Jahren ein großes Problem.
S.Pellegrino: Apropos Nachwuchs, Ihre Karriere ging zunächst ja in eine ganz andere Richtung. Sie waren nah daran, Fußball-Profi zu werden. Was hat Ihre Pläne durchkreuzt?
Fabrice Kieffer: Ich habe damals in der Jugend sehr erfolgreich gespielt. Ich hatte auch schon einen Jugend-Profi-Vorvertrag bei Bordeaux unterschrieben. Als ich 16 Jahre alt war, habe ich mir eine Verletzung zugezogen. Damit war die Fußballkarriere passé. Ich hing meine Fußballschuhe an den Nagel und orientierte mich beruflich um.
Vom Bolzplatz zum Sternerestaurant
S.Pellegrino: Und wie kamen sie dann zur Gastronomie?
Fabrice Kieffer: Die Gastronomie hat mich schon immer fasziniert. Zu Hause in Elsass haben wir ein Weingut. Deswegen war ich eigentlich schon immer ziemlich „vinophil“. Außerdem konnte ich schon immer gut mit Menschen und das ist in der Gastronomie ja enorm wichtig. Als ich also meine Fußballkarriere nicht mehr weiterverfolgen konnte, habe ich ein Studium an der Hotelfachschule in Straßburg angefangen. Das Studium hat mir geholfen, von dieser sportlichen Misere zu flüchten. Denn damals hat mich das lange Zeit mitgenommen.
S.Pellegrino: Das Gastronomie half Ihnen also, Abschied zu nehmen und ein neues und sehr erfolgreiches Kapitel aufzuschlagen. Mittlerweise sind Sie glücklich als Maître im „Les Deux“ in München. Was genau macht einen Maître eigentlich aus?
Fabrice Kieffer: Bei uns in Frankreich heißt Maître übersetzt „Meister“. Und das steht für ganz viele Dinge, zum Beispiel Gastlichkeit, Charme, rhetorische Begabung und Überzeugungskraft, mit der man eine ganze Mannschaft motivieren kann.
Makelloser Service – Diskret, charismatisch, aufmerksam
S.Pellegrino: Und was unterscheidet den Service im „Les Deux“ vom dem in anderen Restaurants?
Fabrice Kieffer: Ich würde nicht unbedingt sagen, dass wir im „Les Deux“ alles komplett anders machen als andere Restaurants. Aber wir haben eine hohe Qualität und Serviceorientierung. Wir sind nicht steif, sondern bedienen den Gast gerne mit einer gewissen Lässigkeit. So fühlt er sich bei uns nicht beobachtet. Wichtig ist uns, dass sich alle Gäste bei uns willkommen fühlen.
S.Pellegrino: Was ist für Sie makelloser Service?
Fabrice Kieffer: Makelloser Service ist Diskretion. Es ist die Kunst, präsent zu sein und Charisma im Raum zu versprühen, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Man muss da sein, wenn der Gast einen braucht. Noch besser ist es, wenn man da ist, bevor der Gast einen braucht.
Jeden Tag die Sonne scheinen lassen
S.Pellegrino: Das ist natürlich die echte Königsklasse, die man sicher nur mit viel Erfahrung und Übung erreicht. Gibt es aber gewisse Charaktereigenschaften, die einem auf dem Weg dahin helfen?
Fabrice Kieffer: Am wichtigsten ist die Motivation und Lust, direkt am Gast zu sein. Man muss mit Menschen umgehen können. Auch untereinander als Kollegen. Man kennt es aus dem täglichen Leben – nicht jeder Topf findet seinen Deckel. Aber im Service musst du die Fähigkeit besitzen, dich dem Deckel anzupassen, um dem Gast den Tag oder Abend zu verschönern. Den Gast interessiert es nicht, ob man gestern schlecht geschlafen hat oder ob man private Probleme hat. Man muss immer die Sonne scheinen lassen und das ist natürlich sehr schwierig. Ich persönlich arbeite sehr viel an mir und bin sehr ausgeglichen. Das liegt an meiner tollen Familie, an meiner Frau Katrin. Ein gesundes Zuhause, wo man wieder Kraft tanken kann, ist da sehr wichtig. Und man muss sich auch mal Zeit für sich nehmen – das musste ich auch lernen.
S.Pellegrino: Vielen Dank für das nette Gespräch.
Fabrice Kieffer: Mir hat es auch sehr Spaß gemacht. Vielen Dank und besuchen Sie mich doch mal im „Les Deux“.